Diesmal schreibt unser Mitbruder P. Nicholas, Guardian in Asparn/Zaya, zum „Franziskus und der Tod“:
Der hl. Franziskus und der Tod
Der heilige Franziskus von Assisi wird von vielen, wie ein Superstar unter den Heiligen, verehrt. Zu Beginn seiner Bekehrung vielfach belächelt, erlangt er alsbald so eine große Popularität, dass viele junge Menschen sich ihm anschließen. Diese Bewunderung hält immer noch an. Er ist seit vielen Jahrzehnten Patron der Umwelt, Patron der Tiere. Er wird gerne als Brückenbauer zwischen den Religionen gesehen. Sene Geburts- und Wirkungsstadt Assisi, bekannt als ein Friedensort, wird jährlich von Millionen von Menschen besucht. Was macht ihn so bedeutungsvoll auch nach 800 Jahre seines Todes? Das Rezept dieses „Erfolgs“ liegt eigentlich in einer einfachen Lebensweise. Sein Motto heißt: Nach dem Evangelium leben. Oder anders gesagt: radikale und authentische Nachfolge Christi. Jede einzelne Phase seines Lebens, von der Bekehrung bis zu seinem Lebensende, ist durchdrungen von der Nachfolge, von der Liebe zum Evangelium und Christus. Ich möchte hier nur die letzte Phase seines Lebens ein wenig erhellen.
Der Monat Oktober ist in besonderer Weise dem hl. Franziskus gewidmet, denn der 4. Oktober ist sein Festtag. Am Vorabend seines Festtages, am 3. Oktober, gedenken weltweit alle Mitglieder der franziskanischen Familie des Heimganges des Heiligen. Franziskus selber hat seinen Tod inszeniert, in dem er auf dem kalten, bloßen Steinboden sich entkleidet zum Sterben liegen ließ. Durch die symbolträchtige Feier des „Transitus“ wird jedes Jahr an diesem Ereignis erinnert.
Auch in diesem letzten „Akt“ seines Lebens ist er der Botschaft des Evangeliums radikal treu geblieben. Weil Christus durch seinen Tod und Auferstehung dem Tod die Bitterkeit und die Macht genommen hat, kann er den Tod in seiner Sterbestunde sogar als Schwester begrüßen, als einen selbstverständlichen Teil des Lebens, den er nicht ausweichen möchte. In seinem Sterbebett dichtet er sogar die letzte Strophe des Sonnengesangs:
Gelobt seist du, mein Herr,
durch unsere Schwester, den leiblichen Tod;
ihm kann kein Mensch lebend entrinnen.
Wehe jenen, die in tödlicher Sünde sterben.
Selig jene, die er findet in deinem heiligsten Willen,
denn der zweite Tod wird ihnen kein Leid antun.
Eine solche Annäherung an den Tod ist für viele Menschen unserer Zeit unbegreiflich und zugleich faszinierend. Der Tod hat doch bei vielen nicht die Bitterkeit genommen, wie beim Franziskus. Der heutige Mensch, so der Eindruck, verdrängt den Tod. Man möchte auf sicherer Distanz den Tod bei Nahen und Fernen vorübergehen sehen. Am besten erfährt man eine solche Nachricht aus den Medien. Aber der Tod gehört zum Leben. Auch wenn die allgemeine gesellschaftliche Tendenz auf die Ausblendung des Todes steuert, müssen viele Menschen täglich mit Todeserwartungen leben. In dieser Situation könnte die Haltung des heiligen Franziskus vielen eine Stütze sein.
Wie gelangt man zu einer angstfreien Haltung zum Tod, wie Franziskus? Auch das kann geübt werden. Jeder Mensch macht im Laufe seines Lebens unzählige Male Erfahrungen des Loslassens und des kleinen Todes. Das Leben geht weiter und etwas Neues wird plötzlich möglich. Wenn man die Übergänge des Lebens bewusst vollzieht, kann das schon eine Einübung in den eigenen Tod sein. Der kann den Tod gelassener annehmen und ihn, wie der christliche Glaube uns lehrt, als Durchgang zu einem neuen Leben bei Gott begreifen. Ein solcher Mensch wird in der Lage sein Gott sogar für den eigenen Tod zu preisen, wie Franziskus: „Gelobt seist du, mein Herr, durch unsere Schwester, den leiblichen Tod.“