Gedanken zu Franziskus (Teil 10)

Unser Mitbruder, P. Thomas Manalil, der Guardian des Wiener Konvents, teilt mit uns in diesem Monat seine Gedanken zur franziskanischen Spiritualität.

Zweifaches Zeugnis der ersten Märtyrer des franziskanischen Ordens

Am 16. Januar feiert die franziskanische Familie ihre ersten Märtyrer – den hl. Berard und seine Gefährten. Genau vor 805 Jahren, im Jahr 1220, als Franziskus noch lebte, legten die ersten Minderbrüder mit ihrem Blut Zeugnis für Jesus, den König der Könige, ab.

Der Entscheidung des General-Kapitels von 1219 folgend, starteten sechs Brüder, Berard, Vitalis, Pietro, Otto, Accursius und Adjutus, zur Verkündigung des Evangeliums nach Afrika. Einer von ihnen, Br. Vitalis, musste wegen Krankheit seine Missionspläne aufgeben und nach Portugal zurückkehren.

Mit der Unterstützung der Königin Urraca gelangten sie über Coimbra und Lissabon nach Sevilla, unter die Sarazenen. Wegen ihrer Predigttätigkeit in Sevilla wurden sie zum Tode verurteilt und dann doch begnadigt und ausgewiesen.

Durch die bittere Erfahrung in Sevilla wurden sie nicht eingeschüchtert. Sie zogen weiter nach Marokko, wo sie unter den Mauren das Evangelium verkünden wollten. Dort fanden sie glücklicherweise bei Petrus, dem Bruder des portugiesischen Königs Alfons II., Annahme und Unterstützung. Auch dort wurden sie wegen ihrer Verkündigungstätigkeit gefoltert und ins Gefängnis geworfen. Dank Petrus konnten sie befreit werden. Aber ihren Missionseifer konnten sie nicht zurückhalten. 

Trotz der ernsten Lage ging Br. Berard auf die Straße von Marrakesch, um zu predigen und die Mauren zur Bekehrung zu bewegen. Der König, der sich öffentlich geschmäht fühlte, köpfte die fünf Mitbrüder. Petrus, der Bruder des Königs, organisierte die Überführung der Leichname der Brüder nach Portugal, um sie vor Schändung zu bewahren. So wurden die Leichname der ersten Blutzeugen des Minderbrüderordens nach Coimbra gebracht und bei den Augustinern bestattet.

Der Tod dieser tapferen Franziskaner beeindruckte den jungen Augustiner Chorherren Fernando, der damals im Kloster der Augustiner in Coimbra lebte, so sehr, dass er seinen Orden verließ und seine neue Heimat bei den Minderbrüdern fand. Das vergossene Blut der ersten Franziskaner gebar so einen neuen Zeugen Christi: den heiligen Antonius.  

Die ersten Märtyrer legten so ein zweifaches Zeugnis ab: Während ihres Lebens bezeugten sie Jesus und sein Evangelium durch ihre Predigt und das Leben unter den Sarazenen und den Mauren; und nach ihrem Tod trugen sie dazu bei, dass aus dem Chorherr Fernando der hl. Antonius wurde.

Trotz seiner tiefen Trauer über den traurigen Tod seiner Mitbrüder in Marokko war der hl. Franziskus von ihrem starken Zeugnis sehr angetan und er reagierte so: Nun kann ich sagen, dass ich wirklich fünf Minderbrüder habe.