Das von der UNESCO vor über 30 Jahren ins Leben gerufene Programm des Memory of the World Registers soll Bewusstsein für die große Vielfalt an Dokumentenerbe weltweit schaffen und so dessen Schutz und Erhalt unterstützen. Seit 2014 gibt es neben dem internationalen zusätzlich nationale Register – auch Österreichs UNESCO-Kommission betreut ein solches. Dieses Jahr wurden 9 Neuaufnahmen in dieses Österreichische Dokumentenerbe-Register „Memory of Austria“ aufgenommen und die Zentralbibliothek und das Archiv der Minoriten in Wien war dabei!
Aufgenommen wurde jener Teil des Musikbestandes des Archivs, den Prof. Dr. Friedrich Riedel bei der Inventarisierung als „vor 1784“ charakterisierte. Mehrheitlich durch den umtriebigen Minoritenpater Alexander Giessel (1694-1766) zusammengetragen, enthält es eine Fülle an Musikalien, die rund um den Kaiserhof verfasst, kopiert und gespielt wurden. In der Begründung zur Aufnahme ins nationale „Memory of the World“-Register heißt es: „Das Konvolut an Musikalien vor 1784, das mehrheitlich aus der privaten Sammlung des Minoritenpaters Alexander Giessel (1694-1766) stammt, besitzt nicht zuletzt aufgrund seiner Geschlossenheit herausragenden musikhistorischen Wert. Als Quellenmaterial versammelt es Autografen bekannter und bedeutender Komponisten wie Johann Josef Fux, Gottlieb Muffat, Antonio Caldara, Matthias Georg Monn und Georg Christoph Wagenseil (u.a.). Die als Musikalienkonvolut P. Alexander Giessel et al. subsumierbaren Werke reflektieren so nicht nur einen wesentlichen Moment der europäischen Musiktradition, sondern auch von deren Wandel über die Vorklassik zur Klassik. Darüber hinaus zeigen sie eine Blütezeit des Wiener Minoritenkonvents, genauso wie sie anhand der zahlreichen Widmungen und handschriftlichen Besitzvermerke einen tiefen Einblick in die Musikpraxis einzelner Minoritenpatres über den Zeitraum von mehr als einem halben Jahrhundert geben.
Teils in aufwendigen und wertvollen Bindungen zeigen sie auch augenscheinlich den Wert auf, der der aktiven Musikpraxis im Minoritenorden gegeben wurde. P. Alexander Giessel und weitere Patres reihen sich so in eine lange und einflussreiche Tradition franziskanischer Spiritualität mittels Musik ein. Das Musikalienkonvolut ist auch über den Minoritenorden hinaus von größtem Wert, veranschaulicht es doch die enge Verbindung von Ordensleuten mit Musikern, Komponisten, dem Habsburgischen Kaiserhaus und der Stadt Wien.“
Am 16. Dezember fand in der Österreichischen Nationalbibliothek die feierliche Überreichung der Urkunden zur Neuaufnahme statt. Entgegen genommen haben diese für die Minoriten der Provinzkustos P. Bernhard Lang und der Bibliothekar der Zentralbibliothek, Pol B. Edinger. In einer kurzen Stellungnahme betonte P. Bernhard nicht nur den großen Reichtum an Kultur, Musik und Literatur, den die Minoriten in ihrer Wiener Zentralbibliothek und dem Archiv betreuen und sichern, sondern auch die Wichtigkeit, diese Bestände für die Wissenschaft und Gesellschaft zu öffnen. Die Aufnahme ins österreichische Memory of the World Register der UNESCO betont diesen großen kulturellen Schatz der Minoriten, die seit 800 Jahren in Österreich präsent sind!“